Tod und Trauer haben nicht das letzte Wort

Verhüllung des Kruzifixes an Karfreitag
epd-bild / Gerhard Bäuerle
Botschaften der Kirchenoberen zum Karfreitag.
Botschaften zu Karfreitag
Tod und Trauer haben nicht das letzte Wort
Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt betont, dass Gottes hingebungsvolle Liebe inspiriert, Gewalt zu überwinden. Landesbischöfin Heike Springhart ruft dazu auf, Augen und Ohren zu öffnen angesichts der Gewalt in der Welt und dem Leid der Menschen.

"Unsere Welt ist keine sterbende Welt. Sie ist die in Christus schon angebrochene neue Welt, in der Gott unbeirrbar daran arbeitet, Tod und Gewalt mit Leben und Liebe zu überwinden", erklärt die Landesbischöfin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) Kristina Kühnbaum-Schmidt in ihrer diesjährigen Botschaft zu Karfreitag.  Gottes Liebe zu uns sei der Grund allen Lebens, so Kristina Kühnbaum-Schmidt und betont: "Sie gibt uns die Kraft, mitten in der Welt mit all ihrem Leid als Menschen zu leben, die sich nicht damit abfinden, dass die Welt und ihre Menschen so bleiben, wie sie sind."

Das Geschehen am Kreuz zeige, was Menschen erleiden und was Menschen einander antun können, so die Leitende Geistliche der Nordkirche. "Menschen werden zu Mördern ihrer Menschengeschwister, oder vergreifen sich brutal mit Worten und Taten und mit nicht nachlassender Energie an den Wehrlosesten.", so die Landesbischöfin. Sie denke an die Opfer von Krieg und Gewalt, Hass und Terror in unseren Tagen: in der Ukraine und in Russland, in Israel und Gaza, im kaum noch beachteten Bürgerkrieg im Sudan, in den blutigen Bandenkriegen in Nigeria.

"Am Karfreitag erfahren wir Grundlegendes – über uns Menschen, aber auch über Gott. Denn wir sehen auch: Der Unmenschlichkeit von Menschen steht eine tiefe Menschlichkeit Gottes gegenüber", erklärt Kristina Kühnbaum-Schmidt. "Im Geschehen am Kreuz sehen wir, wie Gott ist. Kein ferner Gott, der aus sicherer Distanz unserem Leben in seinen Höhen und seinen Abgründen zusieht.", so die Landesbischöfin und betont: "In Jesus Christus teilt Gott auch unser Leid und unsere Angst – bis in den Tod. All das einzig und allein aus Liebe - aus Liebe zu uns Menschen. Denn gerade in schweren Stunden, in Krisen, in Einsamkeit und Ausweglosigkeit will Gott uns nahe sein."

Kristina Kühnbaum-Schmidt

Den zahlreichen Kriegen, Krisen und Gewalttaten derzeit zum Trotz lade Christus am Kreuz mit weit ausgebreiteten Armen dazu ein, bei deren Überwindung an seiner Seite zu sein, erklärt Kristina Kühnbaum-Schmidt. "Als Menschen, die nicht vor scheinbar übermächtigen Mächten und Gewalten in die Knie gehen, sondern helfend niederknien neben denen, die allein nicht mehr auf die Beine kommen.", so die Landesbischöfin. "Friede sei mit euch!" - so wird der auferstandene Christus seine Freunde grüßen. "Sein Friedensgruß erinnert nach den Schrecken von Gewalt und Tod daran, was für ein wahrhaft menschliches Zusammenleben von zentraler Bedeutung ist", betont Kristina Kühnbaum-Schmidt.  Die Landesbischöfin hält die Andacht zur Sterbestunde Jesu im Schweriner Dom.

Tod und Trauer haben nicht das letzte Wort!

"Vom Kreuz Jesu her dringt der ohrenbetäubende Schrei an mein Ohr: ,Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?‘ Jesus schreit seine abgrundtiefe Gottverlassenheit hinaus, er ist den Spöttern ausgeliefert und denen, die ihn hämisch beäugen. Es ist der Schrei all derer, die Beschämung und Verwundung ausgesetzt sind, betont Landesbischöfin Heike Springhart in ihrer Karfreitagsbotschaft. Der stumme Schrei derer, die ein Leben lang an den Wunden leiden, die ihnen durch sexualisierte Gewalt zugefügt wurden. So viele sind heiser geschrien und sehen sich immer noch ausgeliefert denen, die sie ausschließen aus der Gemeinschaft der Kirche und anderswo, sobald sie davon erzählen, was ihnen angetan wurde. Heiser geschrien davon, dass sie immer und immer wieder an Mauern gelaufen sind, wenn sie Gehör gesucht haben."

Bischöfin Heike Springhart

Karfreitag nötige dazu hinzusehen: "Auf die unheilvollen Allianzen von Mächten und Gewalten, die Jesus ans Kreuz bringen, unheilvolle Bündnisse von Rechthabern und Wegsehern, die Verzweifelte zum Schweigen bringen. Es ist der Tag des Schreis der Menschen im Gaza-Streifen und im Westjordanland, die um ihr Leben fürchten und Hunger leiden; es ist der Tag des Schreis der Menschen in Israel, die immer noch um ihre Lieben bangen, die als Geiseln festgehalten werden. Es ist der Tag des Schreis derer, die sich nach Frieden sehnen, sich aber nicht in Unfreiheit begeben wollen und dafür ihr Leben lassen müssen. Es ist der Tag des Schreis derer, die verzweifeln angesichts von Tod und Abschieden, von enttäuschten Hoffnungen und abgebrochenem Leben. Der Sohn Gottes teilt diesen Schrei. In aller Gottverlassenheit sind wir nicht mehr verloren."

Karfreitag ist nicht das Ende. An Ostern werde gefeiert, dass das Unwahrscheinliche möglich werde: "Dass Trümmer, Tod und Trauer nicht das letzte Wort haben. Die, die in den Fängen von Tod und Verzweiflung gefangen sind, werden aufgehoben aus dem Staub. Christus ist auferstanden und bietet den zerstörerischen Kräften die Stirn. In diesem Jahr ist die Sehnsucht nach einer Überwindung der todbringenden Mächte besonders stark. Gott befreit uns aus den Gräbern der Verzweiflung, aus den Gräbern der Scham und der immer wieder aufbrechenden Wunden, aus den Gräbern von Hass und Hetze, aus den Gräbern von Tod und Schmerz und Sterben. So unwahrscheinlich es ist, so wahr ist es auch: Christus ist auferstanden! Wahrhaftig auferstanden."