Studie: Kooperationen mit rechtsextremen Parteien verbreitet

Studie: Kooperationen mit rechtsextremen Parteien verbreitet
Besonders in ländlichen Regionen fällt die Abgrenzung von rechtsextremen Parteien offenbar schwer. Eine Studie dokumentiert Kooperation demokratischer Kräfte mit der AfD in Ostdeutschland. Die Autoren warnen vor einer Normalisierung der Partei.

Berlin (epd). In Ostdeutschland ist Zusammenarbeit demokratischer Parteien mit Rechtsextremen auf kommunaler Ebene offenbar verbreiteter als bislang angenommen. Die der Linkspartei nahestehende Rosa Luxemburg Stiftung stellte am Mittwoch in Berlin eine Studie vor, die 121 Kooperationen im Zeitraum zwischen Juni 2019 und Dezember 2023 dokumentiert. Der Mitautor der Studie und Bildungsreferent der Stiftung in Sachsen, Steven Hummel, sagte, er gehe von einer wesentlich höheren Dunkelziffer aus.

In der Untersuchung wurden demnach lediglich Fälle formaler Zusammenarbeit auf der Grundlage von Sitzungsprotokollen aufgeführt. Die hauptsächliche Form der Zusammenarbeit sei gemeinsames Abstimmungsverhalten. Informelle Kontakte, wie etwa gemeinsame Anfahrten oder Freizeitaktivitäten, wurden nicht berücksichtigt.

Vor dem Hintergrund der Ergebnisse warnte die Stiftung vor derartigen Kooperationen. So werde der Normalisierung extrem rechter Parteien und ihrer Positionen Vorschub geleistet, heißt es in der Studie „Hält die Brandmauer?“.

Der Untersuchung zufolge kooperiert die CDU am häufigsten mit rechtsextremen Parteien. Danach folgten mit größerem Abstand FDP, SPD, die Linke und die Grünen, hieß es. Ferner seien zahlreiche Beispiele von Zusammenarbeit mit kommunalen Wählervereinigungen dokumentiert.

Spitzenreiter sei mit 46 dokumentierten Kooperationen Sachsen, gefolgt von Thüringen mit 28 und Brandenburg mit 18 Fällen, teilte die Stiftung mit. In Mecklenburg-Vorpommern zählten die Autoren neun und in Berlin vier Fälle.

Die meisten Kooperationen gab es demnach mit 19 Fällen beim Thema Bauen und Infrastruktur, gefolgt von Haushaltsfragen mit elf Fällen. Jeweils zehn in der Studie dokumentierte Kooperationen gab es bei den Themen Geschichte und Erinnerungspolitik, Ordnung und Sicherheit sowie Organisation und Verwaltung.

Als Beispiel nannten die Autoren unter anderem den Kreistag Sonneberg in Thüringen, der im November 2022 eine AfD-Resolution gegen hohe Energiepreise einstimmig annahm. Dort wurde im Juni vergangenen Jahres der bundesweit erste AfD-Landrat gewählt. In Cottbus sei im Oktober 2023 ein Antrag von AfD und CDU zur Aufhebung eines Beschlusses der Stadt als sicherer Hafen für Flüchtlinge auch mit einer Stimme aus der SPD angenommen worden.

Die Mitautorin der Studie und Neonazismus-Referentin der Stiftung, Anika Taschke, bezeichnete das Phänomen als „brandgefährlich“. Nötig sei eine Brandmauer, „die diesen Namen verdient“. Die Studie mache deutlich, dass das verbreitete Bild einer undurchlässigen Barriere gegenüber rechtsextremen Parteien in ostdeutschen Kommunen nicht der Realität entspreche. Die kommunale Ebene sei „kein politikfreier Raum“, sagte sie unter Hinweis auf Forderungen, bei vermeintlich unpolitischen Themen wie der Einrichtung von Zebrastreifen oder Kindergärten mit der AfD zu stimmen.

Angesichts ihrer Ergebnisse fordern die Autoren der Studie eine klare Haltung gegen Rechtsextreme in Kommunen sowie eine Stärkung von bedrohten Initiativen und Projekten. Taschke sagte, der Umgang mit Vertretern rechtsextremer Parteien sei gerade in ländlichen Regionen eine Abwägungsfrage.