Sterbehilfe: Abgeordnete wollen zusätzliches Suizidpräventionsgesetz

Sterbehilfe: Abgeordnete wollen zusätzliches Suizidpräventionsgesetz
Am Donnerstag entscheidet der Bundestag, ob und wie Hilfe bei der Selbsttötung gesetzlich geregelt werden soll. Zwei Gruppen haben Vorschläge gemacht. Kurz vor der Abstimmung legen sie zudem einen gemeinsamen Antrag zur Vermeidung von Suiziden vor.

Berlin (epd). Vor der Abstimmung über ihre unterschiedlichen Vorschläge zur gesetzlichen Regelung der Hilfe beim Suizid setzen sich beide Gruppen von Abgeordneten gemeinsam für ein Suizidpräventionsgesetz ein. Ein entsprechender zusätzlicher Antrag soll am Donnerstag ebenfalls im Parlament abgestimmt werden, wie aus der Tagesordnung des Bundestags hervorgeht. Der Antrag, der dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt, fordert die Bundesregierung dazu auf, bis Ende Juni 2024 ein Gesetz vorzulegen, das Suizide verhindern soll, indem Hilfen ausgebaut und Hürden für Kontakte zu Helfern abgebaut werden.

Konkret fordert der Antrag unter anderem einen deutschlandweiten Präventionsdienst, der rund um die Uhr für Menschen mit Suizidgedanken oder deren Angehörige online und telefonisch erreichbar ist. Hilfen für Menschen mit Suizidgedanken und deren Angehörige seien oft nicht ausreichend verfügbar, heißt es im Antrag. Betroffene hätten zudem Angst vor Stigmatisierung. Bestehende Angebote und Forschung in diesem Bereich sollen deshalb nach dem Willen der Abgeordneten verbessert und ausgeweitet werden.

Für den Antrag wird mit einer breiten Mehrheit gerechnet, hieß es aus den Büros, zumal beide Gruppen auch zuvor bereits Anträge zur Suizidprävention vorgelegt hatten. Die Gruppe um Lars Castellucci (SPD) hatte den Fokus von Beginn an auch auf Prävention gelegt und in einem Antrag ein Suizidpräventionsgesetz gefordert. Die Abgeordnetengruppe um Katrin Helling-Plahr (FDP) und Renate Künast (Grüne) hatte zuletzt ebenfalls einen Antrag zum Thema vorgelegt.

Sozialverbände, die Bundesärztekammer und die Kirchen hatten in der Debatte um eine gesetzliche Regelung des assistierten Suizids immer wieder darauf gedrungen, sich vor der breiteren Ermöglichung dieser Art der Sterbehilfe zunächst mit Suizidprävention zu befassen. Einige von ihnen fürchten, dass durch die Schaffung eines Verfahrens für die Suizidassistenz eine Normalisierung eintritt, selbst wenn die Regeln streng wären.

Der Bundestag stimmt am Donnerstag darüber ab, wie nach einem grundlegenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts die Hilfe bei der Selbsttötung ermöglicht und reguliert werden soll. Die Gruppe um Helling-Plahr und weiteren Abgeordneten von SPD, Grünen und Linken betont in ihrem Gesetzentwurf das Recht auf selbstbestimmtes Sterben und will die Vergabe von tödlich wirkenden Medikamenten nach einer Beratung ermöglichen. Dazu soll ein bundesweites Beratungsnetz entstehen. Ihr Vorschlag schaffe eine Balance zwischen dem Schutz des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben und dem Schutz der Suizidwilligen vor übereilten und uninformierten Entscheidungen, erklärten Helling-Plahr und Renate Künast am Mittwoch.

Eine Gruppe um Castellucci, Ansgar Heveling (CDU) und Abgeordneten aus allen weiteren Fraktionen außer der AfD betont dagegen eher den Lebensschutz und macht neben einer Beratung auch eine psychiatrische oder psychotherapeutische Begutachtung zur Voraussetzung für eine straffreie Abgabe solcher Mittel. Er wolle den assistierten Suizid ermöglichen, aber nicht fördern, hatte Castellucci den Entwurf begründet.

Beide Gruppen wollen eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes, um die Verschreibung todbringender Medikamente zum Zweck der Selbsttötung möglich zu machen. Die Hilfe bei der Selbsttötung ist wie der Suizid selbst nicht verboten, birgt aber durch das Betäubungsmittelgesetz rechtliche Unsicherheiten etwa für Ärztinnen und Ärzte.

Die Abstimmung über die Gesetzentwürfe erfolgt ohne Fraktionszwang. Beide Gruppen haben ähnlich viele Unterstützer. Bei vielen Abgeordneten ist aber unbekannt, wie sie abstimmen werden. Möglich ist auch, dass beide Gesetzentwürfe scheitern. Dann bliebe es bei der derzeitigen Rechtslage.