Ärztepräsident kritisiert zunehmende Gewalt gegenüber Medizinern

Ärztepräsident kritisiert zunehmende Gewalt gegenüber Medizinern

Berlin (epd). Bundesärztekammer-Präsident Klaus Reinhardt kritisiert zunehmende verbale und körperliche Gewalt gegenüber medizinischem Personal. Zu beobachten seien solche Enthemmungstendenzen aber nicht nur in Gesundheitseinrichtungen, sagte Reinhardt dem Berliner „Tagesspiegel“ (Donnerstag): „Auch Polizei und andere Ordnungskräfte kennen das und klagen darüber.“

Laut einer Studie der Hochschule Fulda zur Situation in den Notaufnahmen von hessischen Krankenhäusern von 2018 hätten knapp 76 Prozent der dort Beschäftigten bereits mindestens einmal körperliche Gewalt durch Patienten oder deren Angehörige erlebt, sagte Reinhardt. 97 Prozent der Befragten hätten Erfahrungen mit verbaler Gewalt. Mindestens 50 Prozent hätten zudem bereits Formen von sexualisierter Gewalt erlebt.

„Auch aus Hausarztpraxen wird uns berichtet, dass sich medizinische Fachangestellte häufiger als früher verbaler Gewalt ausgesetzt sehen“, sagte Reinhardt, der auch dem Berufsverband Hartmannbund vorsteht. Er habe den Eindruck, dass die Reizbarkeit der Menschen im Land schon vorher zugenommen und sich während der Coronakrise abermals verstärkt habe.

Dass es in Arztpraxen oder Notaufnahmen gelegentlich zu Aggressivität komme, sei in gewisser Weise noch erklärbar. „Die Patienten sind krank, haben Schmerzen, sind in diesem Moment sehr ichbezogen, und erkennen nicht, dass andere neben ihnen sitzen, denen es ähnlich oder sogar noch schlimmer geht. Neu daran ist aber, dass oft auch der höfliche Hinweis auf diese anderen nicht hilft, dass man unflätige Antworten erhält oder gar mit Gewaltausbrüchen rechnen muss.“