Eine Nacht zwischen Angst und Mut

Proben für Multimedia-Show "Der Luther-Moment"in Worms haben begonnen
© epd-bild/Thomas Lohnes
Der Schauspieler Isaac Dentler (rechts) spielt den Reformator Martin Luther in der Multimedia-Show "Der Luther-Moment" zum 500. Jahrestag des Wormser Reichstags.
Eine Nacht zwischen Angst und Mut
Worms feiert 500 Jahre Reichstag mit Multimedia-Show ohne Publikum
Mit einer aufwendig geplanten und inszenierten Multimedia-Show erinnert die evangelische Kirche an Luthers Auftritt auf dem Wormser Reichstag vor 500 Jahren. Die Pandemie zwingt die Veranstalter dazu, das Spektakel ohne Publikum aufzuführen.

Als meterhohe Lichtprojektion an der Wormser Dreifaltigkeitskirche bekommt das düstere Gesicht von Rufus Beck wahrhaft diabolische Züge. Gleich in siebenfacher Ausführung blickt der Schauspieler als übergroßer Chefankläger aus der Kapuze seiner roten Kutte heraus auf den Reformator Martin Luther hinunter. "Wenn ich nicht durch das Zeugnis der Heiligen Schrift oder durch Argumente überzeugt werde, bleibt mein Gewissen allein an Gottes Wort gebunden", ruft der Wittenberger Professor, auf der Bühne in Worms dargestellt von "Tatort"-Darsteller Isaak Dentler, den Widersachern entgegen. "Und darum will und kann ich nicht widerrufen."

500 Jahre nach Luthers historischer Verteidigungsrede auf dem Wormser Reichstag will die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau das Jubiläum auch mit einem aufwendigen Multimedia-Spektakel feiern. Die rund halbstündige Licht-und-Ton-Show "Der Luther-Moment" mit kleinem Schauspieler-Team, Blechbläsern und Band, keine 200 Meter vom Originalschauplatz der damaligen Ereignisse entfernt, sollte der Höhepunkt des Festprogramms werden. Mehrere tausend Zuschauer auf dem Wormser Marktplatz wollten die Veranstalter in ihren Bann ziehen. Bundesweit hätte die Aufführung in Kirchen und Gemeindehäuser übertragen werden sollen.

Einschränkungen "unglaublich schade"

Von der ursprünglichen Planung mussten Stadt und Kirche wegen der Corona-Pandemie längst Abschied nehmen - so, wie auch von anderen Programmpunkten zum Reichstagsjubiläum. Der "Luther-Moment" wird komplett ohne Publikum aufgeführt und am Samstag live im SWR-Fernsehen ausgestrahlt. Für alle Mitwirkenden und für die Stadt Worms seien die Einschränkungen unglaublich schade, sagt Oberbürgermeister Adolf Kessel (CDU) bei einem Probenbesuch: "Aber mehr geht eben leider nicht." Mit einem Inzidenzwert von über 200 ist die Nibelungen- und Luther-Stadt aktuell gerade wieder einmal trauriger Spitzenreiter bei den Neuinfektionen unter den Kommunen in Rheinland-Pfalz.

Auf dem Wormser Marktplatz wird eine Licht-Ton-Installation gezeigt, die am 17. April 2021 ab 22.25 Uhr im SWR-Fernsehen übertragen wird. Die Nordfassade der evangelischen Wormser Dreifaltigkeitskirche wird dafür zu einer 50 mal 15 Meter großen Leinwand.

Dabei haben die Macher des von dem deutsch-iranischen Regisseur Parviz Mir-Ali inszenierten "Luther-Moments" durchaus eine wichtige Botschaft. Luther sei bei der Reise nach Worms anfangs von Sorgen und Ängsten gequält worden, sagt Projektleiter Fabian Vogt: "In der Nacht vom 17. auf den 18. April ist aus einem ängstlichen ein mutiger Mensch geworden." Darin, dass Luther sein Gewissen und seinen festen Glauben über die Furcht vor der Obrigkeit stellte, bestehe für die Kirche die historische Bedeutung der Wormser Ereignisse.

Ähnliche "Luther-Momente" habe es aber im Leben vieler historischer Persönlichkeiten gegeben. Deshalb spannt der Wormser Multimedia-Event auch einen Bogen vom 16. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Dazu werden auf die 50 mal 15 Meter große Kirchenfassade auch die demonstrierenden Anhänger des indischen Nationalhelden Mahatma Gandhi und der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung projiziert. Flugblätter der "Weißen Rose" gegen die Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten regnen die Fassade herab, und bald darauf brennen dort die Kerzen der friedlichen Bürgerproteste aus der Leipziger Nikolaikirche.

Auch die Flüchtlingshelfer von 2015, die "Sea-Watch"-Kapitänin Carola Rackete und die Frauen aus der weißrussischen Oppositionsbewegung tauchen auf. Letztere hätten Ende April in Worms eigentlich auch den Preis der deutschen Lutherstädte "Das unerschrockene Wort" erhalten sollen. Die Preisverleihung wurde allerdings wegen der Corona-Krise ebenfalls auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.

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